DER RAUM DAZWISCHEN
Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // 2024 // Foto: Pia Sternbauer
Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // DAHIN, WO WIR SCHON SIND // Acry auf Leinwand // Marie Ruprecht // 2024
In Zeiten multipler Krisen werden wir als Gesellschaft in schnellem Takt vor immer neue Herausforderungen gestellt. Die Ausstellung DER RAUM DAZWISCHEN lädt ein, aus dieser schnellen Aktualität auszutreten, die Art und Weise des Handelns und den Blick auf die Welt zu verschieben und in einen anderen Zeitkontext einzutauchen. Marie Ruprechts an Abstraktion grenzende Kompositionen sind Ideen und Vorstellungen von Landschaft und keine Abbildungen realer Orte. Während wir uns über und unter Horizontlinien bewegen, stellt uns die Künstlerin vor Atmosphären, in welchen der menschliche Blick einen Raum der Ruhe findet. Durch zusammenhängende Serien von Acrylgemälden existieren diese Landschaften im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Figuration. Aus dem Gedächtnis gemalt, verzichten sie auf konkrete Bezugspunkte und erreichen ihre Vielfalt durch die Darstellung atmosphärischer Verhältnisse.
In den speziell für die Ausstellung DER RAUM DAZWISCHEN erarbeiteten Werkgruppen beschäftigt sich Marie Ruprecht mit dem Konzept des japanischen Begriffes MA. MA bedeutet Lücke, Raum, die Pause dazwischen und bezieht sich auf ein spezifisches japanisches Konzept des negativen Raums. Sowohl Raum als auch Zeit werden als Intervall gemessen. MA meint die Zwischenzeit und den Zwischenraum, die Pause zwischen zwei Tönen oder eine leere, freie Fläche in einem Gemälde. Es ist die Interpretation eines leeren Raums, der oft genauso wichtig ist wie der Rest eines Kunstwerks und den Betrachter auf die Absicht eines negativen Raums in einem Kunstwerk aufmerksam macht. MA wird als „eine Leere voller Möglichkeiten, wie ein Versprechen, das noch erfüllt werden muss“ interpretiert und als „die Stille zwischen den Noten, die die Musik machen“ (1) beschrieben.
Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // HÖREN WAS DER WIND SAGT // Porzellan gebrannt // Marie Ruprecht // 2024
Auf das Konzept des MA bezieht sich die speziell für die Ausstellung angefertigte Werkgruppe HÖREN WAS DER WIND SAGT. Unterschiedlichste von Vöglen und Insekten gebaute Rückzugsorte und Ruheplätze wurden in dieser Werkgruppe abgebildet.
"Die Landschaft ist immer schon da, die Natur in ihrer Vielschichtigkeit. Als Ergänzung zu den gemalten Werken schafft Marie Ruprecht auch plastische Wahrnehmungen der Natur. Sie gießt verlassene Vogelnester oder leere Bienenwaben mit Porzellan aus. Durch diesen Negativraum kann man das Innenleben einer uns sonst verschlossenen oder nur sehr flüchtig betrachteten Welt wahrnehmen. Sie ist nicht für uns bestimmt, und dennoch können wir uns durch diese natürlichen Habitate anderen Lebewesen nahe fühlen, uns in ihnen bewegen, zumindest mit den Augen. Wir sehen mit welcher architektonischen Akribie diese Tiere am Werk sind, wie kunstvoll sie sich einen Rückzugsraum schaffen."
Auf das Konzept des MA bezieht sich die speziell für die Ausstellung angefertigte Werkgruppe HÖREN WAS DER WIND SAGT. Unterschiedlichste von Vöglen und Insekten gebaute Rückzugsorte und Ruheplätze wurden in dieser Werkgruppe abgebildet.
"Die Landschaft ist immer schon da, die Natur in ihrer Vielschichtigkeit. Als Ergänzung zu den gemalten Werken schafft Marie Ruprecht auch plastische Wahrnehmungen der Natur. Sie gießt verlassene Vogelnester oder leere Bienenwaben mit Porzellan aus. Durch diesen Negativraum kann man das Innenleben einer uns sonst verschlossenen oder nur sehr flüchtig betrachteten Welt wahrnehmen. Sie ist nicht für uns bestimmt, und dennoch können wir uns durch diese natürlichen Habitate anderen Lebewesen nahe fühlen, uns in ihnen bewegen, zumindest mit den Augen. Wir sehen mit welcher architektonischen Akribie diese Tiere am Werk sind, wie kunstvoll sie sich einen Rückzugsraum schaffen."
Dr. Christine Haiden - Vorsitzende Landeskulturbeirat OÖ
Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // DAHIN, WO WIR SCHON SIND Nr. 24 // 150 cm x 120 cm // Acry auf Leinwand // Marie Ruprecht // 2024
Der Titel der Werkgruppe DAHIN, WO WIR SCHON SIND ist einem Text Heideggers entnommen. Byung Chul Han schreibt darüber: “Die “untätige Besinnung” gilt dem Zauber des Da, das sich dem Handeln entzieht. Ihre Schritte “führen nicht fort, sondern zurück, dahin , wo wir schon sind”(2) Sie lassen uns “in das gelangen”, “in dessen Bereich wir uns schon aufhalten”(3) In seiner radikalen Immanenz ist dieses Da uns zu nahe, sodass wir es ständig übersehen.”(4) “Wir verlieren den Sinn für Untätigkeit, die kein Unvermögen, keine Verweigerung, keine bloße Abwesenheit von Tätigkeit, sondern ein eigenständiges Vermögen darstellt... Ohne Moment des Zögerns oder des Innehaltens sinkt das Handeln zur blinden Aktion und Reaktion herab. Ohne Ruhe entsteht eine neue Barbarei. Schweigen vertieft das Sprechen. Ohne Stille gibt es keine Musik. ”(5)
Quellen: (1) When Less is More: Japanese „MA“ concept, minimalism & beyond“. wawaza.com | (2) Martin Heidegger, Unterwegs zur Sprache, a.a.O., S 208 | (3) ebenda | (4) Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 46 | (5), Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 9 ff
Der Titel der Werkgruppe DAHIN, WO WIR SCHON SIND ist einem Text Heideggers entnommen. Byung Chul Han schreibt darüber: “Die “untätige Besinnung” gilt dem Zauber des Da, das sich dem Handeln entzieht. Ihre Schritte “führen nicht fort, sondern zurück, dahin , wo wir schon sind”(2) Sie lassen uns “in das gelangen”, “in dessen Bereich wir uns schon aufhalten”(3) In seiner radikalen Immanenz ist dieses Da uns zu nahe, sodass wir es ständig übersehen.”(4) “Wir verlieren den Sinn für Untätigkeit, die kein Unvermögen, keine Verweigerung, keine bloße Abwesenheit von Tätigkeit, sondern ein eigenständiges Vermögen darstellt... Ohne Moment des Zögerns oder des Innehaltens sinkt das Handeln zur blinden Aktion und Reaktion herab. Ohne Ruhe entsteht eine neue Barbarei. Schweigen vertieft das Sprechen. Ohne Stille gibt es keine Musik. ”(5)
Quellen: (1) When Less is More: Japanese „MA“ concept, minimalism & beyond“. wawaza.com | (2) Martin Heidegger, Unterwegs zur Sprache, a.a.O., S 208 | (3) ebenda | (4) Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 46 | (5), Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 9 ff
Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // DAHIN, WO WIR SCHON SIND Nr. 1 // 120 cm x 120 cm // Acry auf Leinwand // Marie Ruprecht // 2024