MARIE RUPRECHT
DER RAUM DAZWISCHEN
THE SPACE IN BETWEEN
MUSEUM ANGERLEHNER
MARIE RUPRECHT
EINZELAUSSTELLUNG // SOLO EXHIBITHION
07.04. – 02.06.2024
Museum Angerlehner
Ascheter Str. 54, 4600 Thalheim bei Wels
EINZELAUSSTELLUNG // SOLO EXHIBITHION
07.04. – 02.06.2024
Museum Angerlehner
Ascheter Str. 54, 4600 Thalheim bei Wels
Ausstellungsansicht // Installation view // MARIE RUPRECHT - DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // 2024 // Foto: Johann Wimmer
In Zeiten multipler Krisen werden wir als Gesellschaft in schnellem Takt vor immer neue Herausforderungen gestellt. Die Ausstellung DER RAUM DAZWISCHEN lädt ein, aus dieser schnellen Aktualität auszutreten, die Art und Weise des Handelns und den Blick auf die Welt zu verschieben und in einen anderen Zeitkontext einzutauchen.
Marie Ruprechts an Abstraktion grenzende Kompositionen sind Ideen und Vorstellungen von Landschaft und keine Abbildungen realer Orte. Während wir uns über und unter Horizontlinien bewegen, stellt uns die Künstlerin vor Atmosphären, in welchen der menschliche Blick einen Raum der Ruhe findet. Diese Landschaftsdarstellungen existieren im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Figuration. Aus dem Gedächtnis gemalt, verzichten sie auf konkrete Bezugspunkte und erreichen ihre Vielfalt durch die Darstellung atmosphärischer Verhältnisse.
In den speziell für die Ausstellung DER RAUM DAZWISCHEN erarbeiteten Werkgruppen beschäftigt sich Marie Ruprecht mit dem Konzept des japanischen Begriffes MA. MA bedeutet Lücke, Raum, die Pause dazwischen und bezieht sich auf ein spezifisches japanisches Konzept des negativen Raums. Sowohl Raum als auch Zeit werden als Intervall gemessen. MA meint die Zwischenzeit und den Zwischenraum, die Pause zwischen zwei Tönen oder eine leere, freie Fläche in einem Gemälde. Es ist die Interpretation eines leeren Raums, der oft genauso wichtig ist wie der Rest eines Kunstwerks und den Betrachter auf die Absicht eines negativen Raums in einem Kunstwerk aufmerksam macht. MA wird als „eine Leere voller Möglichkeiten, wie ein Versprechen, das noch erfüllt werden muss“ interpretiert und als „die Stille zwischen den Noten, die die Musik machen“ (1) beschrieben.
Der Titel der Werkgruppe DAHIN, WO WIR SCHON SIND ist einem Text Heideggers entnommen. Byung Chul Han schreibt darüber: “Die “untätige Besinnung” gilt dem Zauber des Da, das sich dem Handeln entzieht. Ihre Schritte “führen nicht fort, sondern zurück, dahin , wo wir schon sind”(2) Sie lassen uns “in das gelangen”, “in dessen Bereich wir uns schon aufhalten”(3) In seiner radikalen Immanenz ist dieses Da uns zu nahe, sodass wir es ständig übersehen.”(4) “Wir verlieren den Sinn für Untätigkeit, die kein Unvermögen, keine Verweigerung, keine bloße Abwesenheit von Tätigkeit, sondern ein eigenständiges Vermögen darstellt… Ohne Moment des Zögerns oder des Innehaltens sinkt das Handeln zur blinden Aktion und Reaktion herab. Ohne Ruhe entsteht eine neue Barbarei. Schweigen vertieft das Sprechen. Ohne Stille gibt es keine Musik. ”(5)
Marie Ruprechts an Abstraktion grenzende Kompositionen sind Ideen und Vorstellungen von Landschaft und keine Abbildungen realer Orte. Während wir uns über und unter Horizontlinien bewegen, stellt uns die Künstlerin vor Atmosphären, in welchen der menschliche Blick einen Raum der Ruhe findet. Diese Landschaftsdarstellungen existieren im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Figuration. Aus dem Gedächtnis gemalt, verzichten sie auf konkrete Bezugspunkte und erreichen ihre Vielfalt durch die Darstellung atmosphärischer Verhältnisse.
In den speziell für die Ausstellung DER RAUM DAZWISCHEN erarbeiteten Werkgruppen beschäftigt sich Marie Ruprecht mit dem Konzept des japanischen Begriffes MA. MA bedeutet Lücke, Raum, die Pause dazwischen und bezieht sich auf ein spezifisches japanisches Konzept des negativen Raums. Sowohl Raum als auch Zeit werden als Intervall gemessen. MA meint die Zwischenzeit und den Zwischenraum, die Pause zwischen zwei Tönen oder eine leere, freie Fläche in einem Gemälde. Es ist die Interpretation eines leeren Raums, der oft genauso wichtig ist wie der Rest eines Kunstwerks und den Betrachter auf die Absicht eines negativen Raums in einem Kunstwerk aufmerksam macht. MA wird als „eine Leere voller Möglichkeiten, wie ein Versprechen, das noch erfüllt werden muss“ interpretiert und als „die Stille zwischen den Noten, die die Musik machen“ (1) beschrieben.
Der Titel der Werkgruppe DAHIN, WO WIR SCHON SIND ist einem Text Heideggers entnommen. Byung Chul Han schreibt darüber: “Die “untätige Besinnung” gilt dem Zauber des Da, das sich dem Handeln entzieht. Ihre Schritte “führen nicht fort, sondern zurück, dahin , wo wir schon sind”(2) Sie lassen uns “in das gelangen”, “in dessen Bereich wir uns schon aufhalten”(3) In seiner radikalen Immanenz ist dieses Da uns zu nahe, sodass wir es ständig übersehen.”(4) “Wir verlieren den Sinn für Untätigkeit, die kein Unvermögen, keine Verweigerung, keine bloße Abwesenheit von Tätigkeit, sondern ein eigenständiges Vermögen darstellt… Ohne Moment des Zögerns oder des Innehaltens sinkt das Handeln zur blinden Aktion und Reaktion herab. Ohne Ruhe entsteht eine neue Barbarei. Schweigen vertieft das Sprechen. Ohne Stille gibt es keine Musik. ”(5)
In times of multiple crises, we as a society are rapidly confronted with constant new challenges. The exhibition THE SPACE IN BETWEEN invites us to step out of this fast-paced reality, to shift our way of acting and our view of the world, and to immerse ourselves in a different temporal context. Marie Ruprecht's compositions, bordering on abstraction, are ideas and visions of landscape, not depictions of real places. As we move above and below horizon lines, the artist presents us with atmospheres in which the gaze finds a space of tranquility. These landscape representations exist in the realm between abstraction and figuration. Painted from memory, they forgo concrete points of reference and achieve their diversity through the representation of atmospheric conditions.
In the groups of works specifically created for the exhibition "DER RAUM DAZWISCHEN," Marie Ruprecht explores the concept of the Japanese term "MA." MA means gap, space, the pause in between, and refers to a specific Japanese concept of negative space. Both space and time are measured as intervals. MA means the time between, the space between, the pause between two tones, or an empty, free area in a painting. It is the interpretation of an empty space, which is often just as important as the rest of a work of art. MA is interpreted as "an emptiness full of possibilities, like a promise yet to be fulfilled" and described as "the silence between the notes that make the music." (1)
The title of the group of works WHERE WE ALREADY ARE is taken from a text by Heidegger. Byung Chul Han writes about it: "The 'inactive contemplation' applies to the magic of the Da, which eludes action. Their steps 'do not lead onwards, but back, to where we already are.' (2) They allow us to 'arrive in that' in which area we already find ourselves.' (3) In its radical immanence, this HERE is too close to us, so that we constantly overlook it." (4) "We lose the sense for inactivity, which is not an inability, not a refusal, not a mere absence of activity, but an independent capacity... Without a moment of hesitation or pause, action sinks to blind action and reaction. Without rest, a new barbarism arises. Silence deepens speech. Without stillness, there is no music." (5)
Quellen: (1) When Less is More: Japanese „MA“ concept, minimalism & beyond“. wawaza.com | (2) Martin Heidegger, Unterwegs zur Sprache, a.a.O., S 208 | (3) ebenda | (4) Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 46 | (5), Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 9 ff
In the groups of works specifically created for the exhibition "DER RAUM DAZWISCHEN," Marie Ruprecht explores the concept of the Japanese term "MA." MA means gap, space, the pause in between, and refers to a specific Japanese concept of negative space. Both space and time are measured as intervals. MA means the time between, the space between, the pause between two tones, or an empty, free area in a painting. It is the interpretation of an empty space, which is often just as important as the rest of a work of art. MA is interpreted as "an emptiness full of possibilities, like a promise yet to be fulfilled" and described as "the silence between the notes that make the music." (1)
The title of the group of works WHERE WE ALREADY ARE is taken from a text by Heidegger. Byung Chul Han writes about it: "The 'inactive contemplation' applies to the magic of the Da, which eludes action. Their steps 'do not lead onwards, but back, to where we already are.' (2) They allow us to 'arrive in that' in which area we already find ourselves.' (3) In its radical immanence, this HERE is too close to us, so that we constantly overlook it." (4) "We lose the sense for inactivity, which is not an inability, not a refusal, not a mere absence of activity, but an independent capacity... Without a moment of hesitation or pause, action sinks to blind action and reaction. Without rest, a new barbarism arises. Silence deepens speech. Without stillness, there is no music." (5)
Quellen: (1) When Less is More: Japanese „MA“ concept, minimalism & beyond“. wawaza.com | (2) Martin Heidegger, Unterwegs zur Sprache, a.a.O., S 208 | (3) ebenda | (4) Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 46 | (5), Byung - Chul Han, Vita Contemplativa - oder von der Untätigkeit, Ullstein Verlag , Berlin, 2022, S 9 ff
Ausstellungsansicht // Installation view // MARIE RUPRECHT - DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // Fotos: Johann Wimmer
Ausstellungsansicht // Installation view // MARIE RUPRECHT - DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // Fotos: Johann Wimmer
Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // HÖREN WAS DER WIND SAGT // Porzellan gebrannt // Marie Ruprecht // 2024

Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // HÖREN WAS DER WIND SAGT // Porzellan gebrannt // Marie Ruprecht // 2024

Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // HÖREN WAS DER WIND SAGT // Porzellan gebrannt // Marie Ruprecht // 2024 & DAHIN, WO WIR SCHON SIND je 80 cm x 80 cm // Acry auf Leinwand // Marie Ruprecht // 2024 // Foto: Johann Wimmer
ALLES IST IMMER SCHON DA
DR. CHRISTINE HAIDEN - VORSITZENDE LANDESKULTURBEIRAT OÖ
Mit den Bildern dieser Ausstellung kehren wir zurück in den Jänner und den Februar und in einen kühlen Sommer. Sehen und spüren Sie das? Blau, Grau, Antrazit, hie und da ein wenig Rosa oder Grün, Marie Ruprecht gönnt unseren Augen Aufenthalt. Sie müssen nicht rastlos über eine Fläche irren, sie können sich einlassen. Hier gibt es keine Botschaft, außer vielleicht der, ruhig zu werden, zu bleiben, zu verharren, der Wirkung nachzuspüren. Es ist die pure Natur, die uns in den neuen Werken der Künstlerin anspricht. Der einzige Mensch, der bei diesen Bildern wahrnehmbar ist, ist die Künstlerin selbst und auch sie nur indirekt, als Schöpferin des bereits Geschöpften, als impressionistische Expressionistin eines Innenraumes des Außenraumes.
Marie Ruprecht wohnt und arbeitet in Aschach an der Donau. Ihre täglichen Spaziergänge führen sie entlang des Treppelweges. Häuserzeilen und Uferlandschaften, die aufsteigenden Hügel des Mühlviertels, das Grün der Wälder und Wiesen, die Himmelsformationen in ihren ungeheuer vielfältigen Schattierungen von Weiß, Blau, Grau, Schwarz, und schließlich das Wasser, die Donau, die wie ein fließender Himmel unten das Oben aufnimmt.
Unsere Augen sehen das, unsere Sinne, unser Gemüt nimmt es auf. Wie durch ein Passepartout prägen sich der Künstlerin diese ständig wechselnden Stimmungen in der scheinbar immer gleichen Landschaft ein. Daheim in ihrem Atelier malt sie, was sich ihr vermittelt hat. Eine besondere Leinwand, die ihr bei einem Kunstsymposium in Wels im Vorjahr neue malerische Möglichkeiten eröffnet hat, findet dabei ihre Bestimmung. Sie ist die Materialität mit der die Immaterialität des Erlebens sich verbindet und neuen Ausdruck schafft. Sehr spontan und ohne Skizzen trägt Marie Ruprecht in mehreren, sehr nassen Schichten die Farben auf diese Leinwand. Das Ineinanderverfließen der Farben, die solcherart eine tragende Struktur aufbauen, entspricht dem Vorgang der künstlerischen Aneigung. So bilden sich Minimalismus und Fülle gemeinsam aus, bedingen einander und schließen einander nicht aus.
Als Doktorandin hat Marie Ruprecht sich das Thema „Strategien des Nichtdenkens in der Kunstproduktion“ gewählt. Ein halbes Jahr lang konnte sie in einem abgelegenen Landhaus in der Nähe von Tokio daran arbeiten. Bei Besuchen in Zenklöstern und der Beschäftigung mit der Philosophie des Zen entstanden für ihren späteren Weg starke Prägungen. Die Kunst des Weglassens als höchste Form der Konzentration, aber auch der Kunst, wie die japanische Tradition sie lehrt, entsprechen offenbar auch dem Wesen und der Intention der Künstlerin.
In ihren neuen Arbeiten forscht sie dem MA nach. MA ist ein japanischer Begriff, der nur sehr unzulänglich als Pause übersetzt werden kann. Für MA gibt es in unserer Sprache keine volle Entsprechung. Vielleicht auch, weil wir dieses MA nicht leben. Wie kann man es erklären? Als eine Pause, als ein Nichts, eine Leere, die aber in sich die Fülle der Möglichkeiten enthält. Dieses Innehalten, Leerwerdenlassen und Wahrnehmen von dem, was im Raum dazwischen ist, ist die Bedingung für Neues. Der Raum dazwischen ist der eigentliche Raum der Schöpfung. Er ist der Raum, der aus der Kommunikation entsteht, aus dem Aufnehmen des Gegenwärtigen. Wer genau schaut, nimmt diese Räume dazwischen auf, bewegt sich in ihnen, lässt sich auf sie ein, ohne sie besitzen oder festhalten zu wollen. Im Sein einfach sein, denn
alles ist immer schon da.
Auch die Landschaft ist immer schon da, die Natur in ihrer Vielschichtigkeit. Als Ergänzung zu den gemalten Werken schafft Marie Ruprecht derzeit auch plastische Wahrnehmungen der Natur. Sie gießt verlassene Vogelnester oder leere Bienenwaben mit Porzellan aus. Durch diesen Negativraum kann man das Innenleben einer uns sonst verschlossenen oder nur sehr flüchtig betrachteten Welt wahrnehmen. Sie ist nicht für uns bestimmt, und dennoch können wir uns durch diese natürlichen Habitate anderen Lebewesen nahe fühlen, uns in ihnen bewegen, zumindest mit den Augen. Wir sehen mit welcher architektonischen Akribie diese Tiere am Werk sind, wie kunstvoll sie sich einen Rückzugsraum schaffen. Um Rückzugsräume geht es der Künstlerin auch mit ihren neuen Arbeiten. Wie kann man Menschen zur Ruhe führen, welche Wege gibt, welche Möglichkeiten, Ruhe zu finden. Ihre Bilder sind ein Versuch, im Raum dazwischen Ruheräume zu schaffen, den Horizont zu weiten, „Blickfenster in einen Ruheraum“ zu sein. Diese Blickfenster sind, wie Kenner des Werkes von Marie Ruprecht auffallen wird, für diese Ausstellung überraschend groß geworden. Heinz Angerlehner hat sie dazu animiert und der Ausstellungsraum diese Intention noch verstärkt. In einem extra angemieteten Atelier der Künstlerin sind diese Arbeiten in einem intensiven Prozess innerhalb weniger Monate entstanden. Man kann sie auch als Tagebuch der Künstlerin lesen, als Aufbruch aus vertrauten Formaten, als Weiterentwicklung ihrer Formensprache, die zuletzt ganz dem Kreis zugewandt war.Nicht zuletzt ist Marie Ruprecht auch eine ästhetisch sehr behutsame und ausgewogene Künstlerin. Sie tariert fein aus, was es braucht, um den Raum dazwischen zu zeigen, ohne ihn bloßzustellen. Sie lässt uns sein, mit uns, mit ihren Bildern, mit dem, was ist, mit dem, was dazwischen ist, dem, was nicht ist, und dem, was möglich wird.
EVERYTHING IS ALWAYS THERE ALREADY
DR. CHRISTINE HAIDEN - CHAIRWOMAN OF THE UPPER AUSTRIAN STATE CULTURE COUNCIL
Blue, gray, anthracite, here and there a touch of pink or green, Marie Ruprecht grants our eyes a respite. They don't have to wander restlessly across a surface; they can engage. There is no message here, except perhaps to become calm, to stay, to linger, to trace the effect. It is pure nature that speaks to us in the artist's new works. The only human perceptible in these images is the artist herself, and even she only indirectly, as the creator of what has already been created, as an impressionistic expressionist of an interior space of the exterior space.
Marie Ruprecht lives and works in Aschach an der Donau. Her daily walks take her along the towpath. Rows of houses and riverside landscapes, the rising hills of the Mühlviertel, the green of the forests and meadows, the cloud formations in their incredibly diverse shades of white, blue, gray, black, and finally the water, the Danube, which like a flowing sky below absorbs the above. Our eyes see it, our senses, our mind take it in. As if through a passe-partout, these constantly changing moods in the seemingly always same landscape impress themselves upon the artist. At home in her studio, she paints what has been conveyed to her. A special canvas, which opened up new painterly possibilities for her at an art symposium last year, finds its purpose here. It is the materiality with which the immateriality of experience connects and creates new expression. Very spontaneously and without sketches, Marie Ruprecht applies the colors to this canvas in several, very wet layers. The intermingling of the colors, which in this way build a supporting structure, corresponds to the process of artistic appropriation. Thus, minimalism and abundance are formed together, condition each other, and do not exclude each other.
As a doctoral student, Marie Ruprecht chose the topic "Strategies of Non-Thinking in Art Production." For half a year, she was able to work on this in a remote country house near Tokyo. During visits to Zen monasteries and studying Zen philosophy, strong imprints were created for her later path. The art of omission as the highest form of concentration, but also of art, as Japanese tradition teaches it, apparently also corresponds to the essence and intention of the artist.
In her new works, Marie Ruprecht explores MA. MA is a Japanese term that can only be inadequately translated as pause. There is no full equivalent for MA in our language. Perhaps also because we do not live this MA. How can it be explained? As a pause, as a nothing, an emptiness, which however contains the fullness of possibilities within itself. This pausing, letting go of emptiness, and perceiving what is in the space between is the condition for something new. The space in between is the actual space of creation. It is the space that arises from communication, from absorbing the present. Whoever looks closely perceives these spaces in between, moves in them, engages with them, without wanting to possess or hold on to them. Simply being in being, because everything is always already there.
The landscape is also always already there, nature in its complexity. As a complement to the painted works, Marie Ruprecht is currently also creating plastic perceptions of nature. She casts abandoned bird nests or empty honeycombs using porcelain. Through this negative space, one can perceive the inner life of a world that is otherwise closed to us or only very fleetingly observed. It is not intended for us, and yet through these natural habitats we can feel close to other living beings, move in them, at least with our eyes. We see with what architectural precision these animals are at work, how artfully they create a retreat space for themselves. The artist is also concerned with retreat spaces in her new works. How can people be brought to rest, what ways are there, what possibilities are there to find rest? Her pictures are an attempt to create quiet spaces in the space in between, to broaden the horizon, to be "windows into a quiet room." These windows, as connoisseurs of Marie Ruprecht's work will notice, have become surprisingly large for this exhibition. Heinz Angerlehner encouraged her to do so, and the exhibition space further reinforced this intention. These works were created in an intensive process within a few months in an extra rented studio of the artist. They can also be read as the artist's diary, as a departure from familiar formats, as a further development of her formal language, which was most recently entirely devoted to the circle.
Last but not least, Marie Ruprecht is also a very aesthetically cautious and balanced artist. She finely balances what it takes to show the space in between without exposing it. She lets us be, with ourselves, with her pictures, with what is, with what is in between, what is not, and what becomes possible.
DR. CHRISTINE HAIDEN - VORSITZENDE LANDESKULTURBEIRAT OÖ
Mit den Bildern dieser Ausstellung kehren wir zurück in den Jänner und den Februar und in einen kühlen Sommer. Sehen und spüren Sie das? Blau, Grau, Antrazit, hie und da ein wenig Rosa oder Grün, Marie Ruprecht gönnt unseren Augen Aufenthalt. Sie müssen nicht rastlos über eine Fläche irren, sie können sich einlassen. Hier gibt es keine Botschaft, außer vielleicht der, ruhig zu werden, zu bleiben, zu verharren, der Wirkung nachzuspüren. Es ist die pure Natur, die uns in den neuen Werken der Künstlerin anspricht. Der einzige Mensch, der bei diesen Bildern wahrnehmbar ist, ist die Künstlerin selbst und auch sie nur indirekt, als Schöpferin des bereits Geschöpften, als impressionistische Expressionistin eines Innenraumes des Außenraumes.
Marie Ruprecht wohnt und arbeitet in Aschach an der Donau. Ihre täglichen Spaziergänge führen sie entlang des Treppelweges. Häuserzeilen und Uferlandschaften, die aufsteigenden Hügel des Mühlviertels, das Grün der Wälder und Wiesen, die Himmelsformationen in ihren ungeheuer vielfältigen Schattierungen von Weiß, Blau, Grau, Schwarz, und schließlich das Wasser, die Donau, die wie ein fließender Himmel unten das Oben aufnimmt.
Unsere Augen sehen das, unsere Sinne, unser Gemüt nimmt es auf. Wie durch ein Passepartout prägen sich der Künstlerin diese ständig wechselnden Stimmungen in der scheinbar immer gleichen Landschaft ein. Daheim in ihrem Atelier malt sie, was sich ihr vermittelt hat. Eine besondere Leinwand, die ihr bei einem Kunstsymposium in Wels im Vorjahr neue malerische Möglichkeiten eröffnet hat, findet dabei ihre Bestimmung. Sie ist die Materialität mit der die Immaterialität des Erlebens sich verbindet und neuen Ausdruck schafft. Sehr spontan und ohne Skizzen trägt Marie Ruprecht in mehreren, sehr nassen Schichten die Farben auf diese Leinwand. Das Ineinanderverfließen der Farben, die solcherart eine tragende Struktur aufbauen, entspricht dem Vorgang der künstlerischen Aneigung. So bilden sich Minimalismus und Fülle gemeinsam aus, bedingen einander und schließen einander nicht aus.
Als Doktorandin hat Marie Ruprecht sich das Thema „Strategien des Nichtdenkens in der Kunstproduktion“ gewählt. Ein halbes Jahr lang konnte sie in einem abgelegenen Landhaus in der Nähe von Tokio daran arbeiten. Bei Besuchen in Zenklöstern und der Beschäftigung mit der Philosophie des Zen entstanden für ihren späteren Weg starke Prägungen. Die Kunst des Weglassens als höchste Form der Konzentration, aber auch der Kunst, wie die japanische Tradition sie lehrt, entsprechen offenbar auch dem Wesen und der Intention der Künstlerin.
In ihren neuen Arbeiten forscht sie dem MA nach. MA ist ein japanischer Begriff, der nur sehr unzulänglich als Pause übersetzt werden kann. Für MA gibt es in unserer Sprache keine volle Entsprechung. Vielleicht auch, weil wir dieses MA nicht leben. Wie kann man es erklären? Als eine Pause, als ein Nichts, eine Leere, die aber in sich die Fülle der Möglichkeiten enthält. Dieses Innehalten, Leerwerdenlassen und Wahrnehmen von dem, was im Raum dazwischen ist, ist die Bedingung für Neues. Der Raum dazwischen ist der eigentliche Raum der Schöpfung. Er ist der Raum, der aus der Kommunikation entsteht, aus dem Aufnehmen des Gegenwärtigen. Wer genau schaut, nimmt diese Räume dazwischen auf, bewegt sich in ihnen, lässt sich auf sie ein, ohne sie besitzen oder festhalten zu wollen. Im Sein einfach sein, denn
alles ist immer schon da.
Auch die Landschaft ist immer schon da, die Natur in ihrer Vielschichtigkeit. Als Ergänzung zu den gemalten Werken schafft Marie Ruprecht derzeit auch plastische Wahrnehmungen der Natur. Sie gießt verlassene Vogelnester oder leere Bienenwaben mit Porzellan aus. Durch diesen Negativraum kann man das Innenleben einer uns sonst verschlossenen oder nur sehr flüchtig betrachteten Welt wahrnehmen. Sie ist nicht für uns bestimmt, und dennoch können wir uns durch diese natürlichen Habitate anderen Lebewesen nahe fühlen, uns in ihnen bewegen, zumindest mit den Augen. Wir sehen mit welcher architektonischen Akribie diese Tiere am Werk sind, wie kunstvoll sie sich einen Rückzugsraum schaffen. Um Rückzugsräume geht es der Künstlerin auch mit ihren neuen Arbeiten. Wie kann man Menschen zur Ruhe führen, welche Wege gibt, welche Möglichkeiten, Ruhe zu finden. Ihre Bilder sind ein Versuch, im Raum dazwischen Ruheräume zu schaffen, den Horizont zu weiten, „Blickfenster in einen Ruheraum“ zu sein. Diese Blickfenster sind, wie Kenner des Werkes von Marie Ruprecht auffallen wird, für diese Ausstellung überraschend groß geworden. Heinz Angerlehner hat sie dazu animiert und der Ausstellungsraum diese Intention noch verstärkt. In einem extra angemieteten Atelier der Künstlerin sind diese Arbeiten in einem intensiven Prozess innerhalb weniger Monate entstanden. Man kann sie auch als Tagebuch der Künstlerin lesen, als Aufbruch aus vertrauten Formaten, als Weiterentwicklung ihrer Formensprache, die zuletzt ganz dem Kreis zugewandt war.Nicht zuletzt ist Marie Ruprecht auch eine ästhetisch sehr behutsame und ausgewogene Künstlerin. Sie tariert fein aus, was es braucht, um den Raum dazwischen zu zeigen, ohne ihn bloßzustellen. Sie lässt uns sein, mit uns, mit ihren Bildern, mit dem, was ist, mit dem, was dazwischen ist, dem, was nicht ist, und dem, was möglich wird.
EVERYTHING IS ALWAYS THERE ALREADY
DR. CHRISTINE HAIDEN - CHAIRWOMAN OF THE UPPER AUSTRIAN STATE CULTURE COUNCIL
Blue, gray, anthracite, here and there a touch of pink or green, Marie Ruprecht grants our eyes a respite. They don't have to wander restlessly across a surface; they can engage. There is no message here, except perhaps to become calm, to stay, to linger, to trace the effect. It is pure nature that speaks to us in the artist's new works. The only human perceptible in these images is the artist herself, and even she only indirectly, as the creator of what has already been created, as an impressionistic expressionist of an interior space of the exterior space.
Marie Ruprecht lives and works in Aschach an der Donau. Her daily walks take her along the towpath. Rows of houses and riverside landscapes, the rising hills of the Mühlviertel, the green of the forests and meadows, the cloud formations in their incredibly diverse shades of white, blue, gray, black, and finally the water, the Danube, which like a flowing sky below absorbs the above. Our eyes see it, our senses, our mind take it in. As if through a passe-partout, these constantly changing moods in the seemingly always same landscape impress themselves upon the artist. At home in her studio, she paints what has been conveyed to her. A special canvas, which opened up new painterly possibilities for her at an art symposium last year, finds its purpose here. It is the materiality with which the immateriality of experience connects and creates new expression. Very spontaneously and without sketches, Marie Ruprecht applies the colors to this canvas in several, very wet layers. The intermingling of the colors, which in this way build a supporting structure, corresponds to the process of artistic appropriation. Thus, minimalism and abundance are formed together, condition each other, and do not exclude each other.
As a doctoral student, Marie Ruprecht chose the topic "Strategies of Non-Thinking in Art Production." For half a year, she was able to work on this in a remote country house near Tokyo. During visits to Zen monasteries and studying Zen philosophy, strong imprints were created for her later path. The art of omission as the highest form of concentration, but also of art, as Japanese tradition teaches it, apparently also corresponds to the essence and intention of the artist.
In her new works, Marie Ruprecht explores MA. MA is a Japanese term that can only be inadequately translated as pause. There is no full equivalent for MA in our language. Perhaps also because we do not live this MA. How can it be explained? As a pause, as a nothing, an emptiness, which however contains the fullness of possibilities within itself. This pausing, letting go of emptiness, and perceiving what is in the space between is the condition for something new. The space in between is the actual space of creation. It is the space that arises from communication, from absorbing the present. Whoever looks closely perceives these spaces in between, moves in them, engages with them, without wanting to possess or hold on to them. Simply being in being, because everything is always already there.
The landscape is also always already there, nature in its complexity. As a complement to the painted works, Marie Ruprecht is currently also creating plastic perceptions of nature. She casts abandoned bird nests or empty honeycombs using porcelain. Through this negative space, one can perceive the inner life of a world that is otherwise closed to us or only very fleetingly observed. It is not intended for us, and yet through these natural habitats we can feel close to other living beings, move in them, at least with our eyes. We see with what architectural precision these animals are at work, how artfully they create a retreat space for themselves. The artist is also concerned with retreat spaces in her new works. How can people be brought to rest, what ways are there, what possibilities are there to find rest? Her pictures are an attempt to create quiet spaces in the space in between, to broaden the horizon, to be "windows into a quiet room." These windows, as connoisseurs of Marie Ruprecht's work will notice, have become surprisingly large for this exhibition. Heinz Angerlehner encouraged her to do so, and the exhibition space further reinforced this intention. These works were created in an intensive process within a few months in an extra rented studio of the artist. They can also be read as the artist's diary, as a departure from familiar formats, as a further development of her formal language, which was most recently entirely devoted to the circle.
Last but not least, Marie Ruprecht is also a very aesthetically cautious and balanced artist. She finely balances what it takes to show the space in between without exposing it. She lets us be, with ourselves, with her pictures, with what is, with what is in between, what is not, and what becomes possible.

Ausstellungsansicht // Installation view // MARIE RUPRECHT // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // DAHIN, WO WIR SCHON SIND Nr. 23 // 120 cm x 120 cm // Acryl auf Leinwand // Marie Ruprecht // 2024
Ausstellungsansicht // Installation view // MARIE RUPRECHT - DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // Fotos: Johann Wimmer

Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // DAHIN, WO WIR SCHON SIND Nr. 1 // 120 cm x 120 cm // Acry auf Leinwand // Marie Ruprecht // 2024
Ausstellungsansicht // Installation view // MARIE RUPRECHT - DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // Fotos: Johann Wimmer

Installation view // DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // DAHIN, WO WIR SCHON SIND Nr. 24 // 150 cm x 120 cm // Acry auf Leinwand // Marie Ruprecht // 2024
Ausstellungsansicht // Installation view // MARIE RUPRECHT - DER RAUM DAZWISCHEN // MUSEUM ANGERLEHNER // Fotos: Johann Wimmer